17. November 2008

Statt zielstrebig den Bau der Zulaufstrecken zur NEAT an die Hand zu nehmen und so den Verkehr auf die Schiene zu bringen, plant der Bund einen Ausbau der Axenstrasse auf der Achse Zürich – Tessin. Ein neu gegründetes Axen-Komitee wehrt sich.

Mit der NEAT wurde ursprünglich eine neue doppelspurige Linie von Grenze zu Grenze angestrebt. Im Variantenstreit wurde schliesslich die sogenannte Netzvariante beschlossen, die den Verkehr auf Gotthart und Lötschberg aufteilt. Weil das Geld für einen Vollausbau nicht reichte, wurden beide Projekte auf das Alpengebiet beschränkt und die Zulaufstrecken im Mittelland auf später vertagt. Als man feststellte, dass die Finanzierung auch dafür nicht genügt, wurde das Projekt etappiert und vorläufig auf die Basistunnel am Gotthard, am Lötschberg und am Ceneri beschränkt.

Jedermann wusste, dass die Probleme damit nicht gelöst sind. Denn vier Spuren zwischen Erstfeld und Bodio, beziehungsweise zwischen Frutigen und Visp bringen erst dann wesentlich mehr Kapazität, wenn auch die Zulaufstrecken ausgebaut werden können. Seit Jahren weisen Studien z.B. die Strecke zwischen dem Nordportal des Gotthard-Basistunnels in Erstfeld und Arth-Goldau mit dem Kernstück Axen als potentiellen Engpass aus. Wer aber über einen Ausbau reden will, wird auf die ferne Zukunft vertröstet.

Ganz anders bei der Strasse: 1960 wurde die Axenstrasse zur Nationalstrasse 3. Klasse erklärt und seither für viele Millionen Franken zielstrebig verbreitert, begradigt und gegen die Naturgefahren abgesichert. Heute verkehren auf der A4 zwischen Brunnen und Flüelen bei einer doppelt so hohen Kapazität im Durchschnitt ca. 12’000 Fahrzeuge pro Tag, im Winter weniger, im Sommer mehr. Von 2000 bis 2005 ist der Verkehr leicht zurückgegangen.

Astra will Ausbau

Trotzdem will das ASTRA für 960 Millionen Franken die heutige Strasse durch zwei lange, parallel zu dieser verlaufende Tunnels zwischen Ingenbohl und Sisikon Süd  ergänzen. Begründet werden die Röhren mit der Entlastung des 400-Seelen-Dorfes Sisikon, das auf dem Delta des Riemenstalderbachs eine grüne Oase in der grauen Felsenwüste des Axens bildet. Eine Kurzumfahrung, welche dieses Bedürfnis befriedigen könnte, hat das ASTRA aber seit Jahren wegen zu geringem Mehrwert (für den Verkehr) abgelehnt.

Jetzt wurde ein Interkantonales Axenkomitee für eine vernünftige Verkehrsplanung gegründet. Der Anstoss dazu gab ausgerechnet der ehemalige Schwyzer Baudirektor und CVP-Ständerat Xaver Reichmuth mit einer Zeitungskolumne, in welcher er die Tunnelpläne den „grössten Blödsinn“ nannte. Das Komitee, in welchem die Umweltorganisationen, aber auch die Urner „Allianz für eine NEAT im Berg“ und das Schwyzer „Komitee für eine NEAT ohne Lärm“, der Verein Alpeninitiatives Uri sowie Politiker und PolikerInnen von den Grünen bis zur FDP zusammenarbeiten, fordert nun eine Gesamtschau am Axen und eine andere Prioritätensetzung.

Befürchtungen in Uri und Schwyz

Im Kanton Schwyz befürchtet man, dass bei Kapazitätsmangel als erstes die Regionalzüge durch Busse ersetzt werden. Befürchtet wird aber auch, dass die Linienführung für den zukünftigen Bahntunnel durch den Strassentunnel präjudiziert werden könnte. Uri hat Angst vor Mehrverkehr, der den Druck auf die Gotthardautobahn A2 und den Gotthardtunnel erhöhen könnte, wenn am Axen eine zweite Strasse die Kapazität zu verdoppeln droht. Zwar wird auch nach dem Bau der beiden Tunnels noch ein Abschnitt von ca. zwei Kilometern Länge übrig bleiben, wo dem Autoverkehr nur die alte Strasse zur Verfügung steht. Doch auch für diesen Abschnitt liegen bereits Ausbaupläne in den Schubladen des ASTRA.

Die Urner Befürchtungen sind umso berechtigter, als weder die umfahrenen Dörfer noch Kantone und Bund wirklich willens sind, den Verkehr aus den Dörfern zu verbannen. Vielmehr wollen sie auch die alte Axenstrasse als Durchgangsstrasse erhalten, die bei einer Sperrung der neuen Tunnels den ganzen Verkehr aufnehmen soll. Von einer Sackgassen-Regelung will niemand etwas wissen, obwohl diese das einzige Mittel wäre, um das prognostizierte erneute Anwachsen des Verkehrsvolumens in den Dörfern zu verhindern und den Verkehr von der Panoramastrasse wirklich weg in die neuen Tunnels zu lenken.