18. Dezember 2020

Die EU revidiert und harmonisiert aktuell das Mautsystem für den Lastwagenverkehr auf den europäischen Hauptverkehrsachsen. Die Entscheide der EU haben Auswirkungen auf den Landverkehr durch wie auch in der Schweiz. Wichtig wäre für die Schweiz, dass die EU eine faire und ökologische Wegekostenrichtlinie verabschiedet. Die EU-VerkehrsministerInnen wollen nun aber die Möglichkeiten der ohnehin vom Transitverkehr geplagten Alpenregionen massiv einschränken, statt sie endlich auszubauen.

Für die Schweiz ist eine fortschrittliche Revision der Wegekostenrichtlinie in zweierlei Hinsicht von Bedeutung:

  1. Je mehr Gebühren auf den Autobahnen von Deutschland, Italien und weiteren Ländern für den Strassengüterverkehr erhoben werden, desto teurer wird der durch die Schweiz führende Nord-Süd-Güterkorridor auf der Strasse und desto mehr Transporteure wählen den Weg auf die umweltfreundliche Schiene.
  2. Die Schweiz hat per Januar 2020 mit einem Revisionsprozess für die LSVA begonnen. Zur fortschrittlichen Gestaltung dieser Revision ist es wichtig, dass die EU entsprechend vorspurt. Dies auch, weil die beiden Systeme für das Landverkehrsabkommen eine gewisse Kompatibilität aufweisen sollten.

EU-VerkehrsministerInnen bremsen Kommission und Parlament aus

Um sich dem Verursacherprinzip anzunähern und den Strassenverkehr klimafreundlicher zu gestalten, hat die Europäische Kommission 2017 einen fortschrittlichen Vorschlag zur Revision der Wegekostenrichtlinie in den Gesetzgebungsprozess eingebracht. Das Europäische Parlament hat diese sogar noch umweltfreundlicher ausformuliert. Der Vorschlag von Kommission und Parlament ist nun aber durch die verschiedenen Landesregierungen aufgrund von Partikularinteressen ihrer Wirtschaft unter Druck geraten. Vorschläge wie die Verteuerung von Fahrten mit Diesel-Lastwagen (plus rund 50%) und die Differenzierung der Maut neu nach CO2-Ausstoss stiessen auch bei den VerkehrsministerInnen auf Anklang. Diese zwei Elemente sind wichtig, um die Verlagerung auf die Schiene und die Dekarbonisierung des verbleibenden Schwerverkehrs auf der Strasse voranzutreiben. Nichtsdestotrotz schwächten die VerkehrsministerInnen einiger Mitgliedstaaten (u.a. Deutschland und Italien) den Vorschlag im Rat der Europäischen Union in folgenden wesentlichen Punkten ab:

  • Der Fokus der Mautgestaltung liegt alleine auf dem CO2 und will klimaneutralen Lastwagen einen Rabatt von bis zu 75% sprechen. Dies widerspricht dem Verursacherprinzip. Auch CO2-freie Fahrzeuge verursachen Feinstaub sowie Lärm-, Stau- und Infrastrukturkosten, welche nicht 25% sondern rund 70% der eigentlichen Kosten ausmachen.
  • Neu soll analog zur Schweiz eine Maut ab 3.5 t Gesamtgewicht erhoben werden. Die Mitgliedstaaten schwächen diesen Fortschritt jedoch mit diversen Ausnahmemöglichkeiten ab.
  • Bisher konnten stark belastete Alpenländer alleine eine Mauterhöhung beschliessen. Doch nun bauen die VerkehrsministerInnen gleich zwei kaum überwindbare Hürden ein: Es müssen mindestens zwei Länder im jeweiligen Transitkorridor an der Erhöhung beteiligt sein und zusätzlich alle Anrainerstaaten einer Erhöhung zustimmen. Dies erschwert die Umsetzung von Mauterhöhungen sehr stark.

Für die gesamte Alpenregion ist eine fortschrittliche Wegekostenrichtlinie besonders wichtig, da die Bevölkerung der Alpentäler speziell unter den Auswirkungen des Güterverkehrs leidet. Nun wird es am europäischen Parlament liegen, diese Abschwächungen in den Detailverhandlungen zu verhindern.