1. September 2012

Zusammenfassung

Das Vorhaben des Bundesrates, am Gotthard eine zweite Strassentunnelröhre zu erstellen, wirft die Frage der Vereinbarkeit mit dem Alpenschutzartikel der Bundesverfassung (Art. 84 Abs. 3 BV) auf. Jedenfalls problematisch ist die vorgeschlagene, auf zwei von vier Fahrspuren beschränkte Nutzung aus Sicht des bilateralen Landverkehrsabkommens, weil sie dem Prinzip der Nichteinführung einseitiger mengenmässiger Beschränkungen (Art. 323. Spiegelstrich LVA) entgegenläuft. Da sich eine Rechtfertigung der Fahrbeschränkung mit Sicherheits- oder Umweltschutzgründen nur schwerlich erbringen liesse, ist das geplante Verkehrsregime gewissermassen eingekeilt zwischen der verfassungsrechtlichen Vorgabe der Kapazitätsbeschränkung und dem Imperativ des freien Verkehrs aus dem Landverkehrsabkommen. Die teilweise vorgeschlagene Finanzierung des Tunnelbaus über Mautgebühren bedeutet eine Abweichung vom verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gebührenfreiheit und würde für den Individualverkehr eine Genehmigung der Bundesversammlung voraussetzen (Art. 82 Abs. 3 BV). Für den Schwerverkehr erwächst der Gebührenerhebung eine Einschränkung aus den Höchstsätzen des Landverkehrsabkommens, die allenfalls anzupassen wären.

Download: Rechtliche Erwägungen zur zweiten Tunnelröhre am Gotthard – Markus Kern (PDF, 228 KB)