9. Mai 2009

Sehr geehrter Herr Präsident Pedrina
Sehr geehrter Herr Bundesrat Leuenberger
Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Alpen-Initiative in Altdorf und Brig
Liebe Gäste von nah und fern

Herzlich willkommen bei uns im Kanton Uri. Gerne überbringe ich Ihnen die Grüsse des Landrats von Uri. Die Grüsse sind nicht ganz ohne Erwartungen, aber verbunden mit vielen guten Wünschen und einem herzlichen Dankeschön an den Verein Alpen-Initiative, welcher sich seit zwei Jahrzehnten unbeirrt und mit bewundernswertem Engagement einsetzt für den Schutz unserer Alpen.

Überzeugte Umweltaktivistinnen und –aktivisten hatten 1989 eine Vision. Sie wollten mit der Verankerung eines Alpenschutzartikels in der Bundesverfassung erreichen, dass der sensible Alpenraum geschützt und eine nachhaltige Entwicklung möglich wird. In den frühen 90er-Jahren sammelte eine breite Basis schweizweit Unterschriften für die Alpen-Initiative. Sogar das Dekanat der ehrenwerten Universität Zürich bewilligte eine Standaktion im Hauptgebäude. An unzähligen Orten haben Menschen Unterschriften gesammelt, dabei viel Sympathie in der Schweizer Bevölkerung erfahren und letztlich diese wichtige Abstimmung 1994 gewonnen.

Wir haben uns gefreut und haben ausgiebig gefeiert, der Landammann hat getanzt und gelacht.

Mit den Jahren kam die Ernüchterung. Und so warten wir noch heute auf die Realisierung des Artikels 84 Absatz 2 der BV. Es scheint, als ob alles, was mit privatem oder schwerem Verkehr zu tun hat, die Priorität einer Grossbank geniesst, während Fuhrhalter und Wirtschaftsmagnaten sich aufführen, als ob die Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene ein Fall für Amnesty International wäre.

Zunehmend länger werden dabei die Namen der neuen Gesetze, die für den Schutz der Alpen angedacht werden. So haben die Räte in Bern in der letzten Wintersession ein Güterverkehrsverlagerungsgesetz verabschiedet. Die Anzahl der Silben in diesem Wort widerspiegelt die wieder zunehmende Anzahl der Lastwagen, die die Alpen durchqueren. In der gleichen Session waren die Standesinitiativen der Kantone Tessin und Uri, welche in dem neuen Gesetz eine raschere Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs auf die Schiene bis ins Jahr 2012 sowie die Einführung einer Alpentransitbörse forderten, abgelehnt worden. Über letztere wurde dann doch noch ein Kompromiss gefunden: Wenn der Bundesrat will, dann kann er Verträge mit dem Ausland anpeilen, aber er muss nicht. Falls er aber können will, dann muss er seine Vorlage erneut dem Parlament vorlegen. Gehört habe ich, ebenfalls in der Septembersession des Nationalrats, dass die freie Wahl des Verkehrsmittels eine Tugend sei. Ich könnte, wenn ich wollte, aber ich muss solche Aussagen nicht für bare Münze nehmen.

Irritiert, Herr Bundesrat Leuenberger, war ich über die Euphorie, die bei der Einweihung der Tunnels zur Westumfahrung Zürich herrschte und mit welcher Inbrunst die Verkürzung der Fahrzeit durchs Säuliamt angepriesen wurde. Stellen Sie sich vor, liebe Gäste, dort wurden sogar Fledermausquartiere und Nistplätze für Mauersegler in eine der Autobahnbrücken eingebaut. Die geflügelten und gefiederten Freunde können, wenn sie wollen, aber sie müssen nicht, dort ihre Brutplätze einrichten. Wahrscheinlich wäre ihnen aber ein simpler Baum lieber.

Ich konnte die Begeisterung über das neue Autobahnteilstück nicht wirklich teilen, denn gleichzeitig sass ich im Interregio nach Flüelen in einem der Axentunnels fest und wartete einmal mehr, bis der Cisalpino endlich vorbeituckerte. Dabei blieb mir genügend Zeit zu überlegen, wie viel zusätzlichen Verkehr die im November 2009 fertig gebaute A4 uns in der Zentralschweiz bringen wird.

Sollen wir nun, in Anlehnung an Dante Alighieri, sagen: „Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!“, oder sollen wir uns doch weiter an das russische Sprichwort halten: „Im Reich der Hoffnung wird es nie Winter!“? Wenn ich hier in die Runde schaue, dann ist das allerdings keine ernstzunehmende Frage. Wir wollen und wir werden nie Ruhe geben, bis der Wille der Schweizer Bevölkerung aus dem Jahre 1994 umgesetzt wird. Denn WIR bauen auch.
Wir bauen darauf, dass vom Volk gefällte Entscheide verbindlich sind.

Geduld, Ausdauer und Beharrlichkeit zeichnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Alpen-Initiative aus. Ihre unzähligen originellen Ideen, die nimmermüde Bereitschaft im Problemlösungsprozess mitzuarbeiten, Verbündete zu finden und Allianzen zu schmieden ist nicht zu überbieten und dafür gebührt ihnen allen unser tiefster Respekt und unsere grösste Hochachtung. Wir wünschen ihnen weiterhin Mut und Beherztheit, grenzenlose Energie und Entschlossenheit, Hartnäckigkeit und die grosse Portion Kühnheit, die es braucht, um sich in diesem namenlosen Wirtschaftswachstumswahn behaupten zu können. Wir werden uns wohl noch lange auf Sie verlassen müssen.

Zum Schluss noch ein Wort an unseren Bundesrat: Herr Bundesrat Leuenberger, wir alle freuen uns jetzt schon, Sie dereinst nach Ihrer Pensionierung mit dem Velo auf der alten Gotthardroute anzutreffen. Vom Bahnhof Göschenen aus, vorbei am Teufelsstein, entlang einer schwerverkehrsfreien Autobahn, radeln Sie hinunter zu unserem neuen Zentralbahnhof Uri, wo Sie ein wirklich attraktiver SBB-Anschluss, mit bestem Rollmaterial, nach Süden oder Norden, ganz wie es Ihnen beliebt, bringen wird. Wir Urnerinnen und Urner werden Ihnen selbstverständlich gerne ein einwandfreies Velo und den nötigen Proviant bereitstellen.

Liebe Gäste, im Namen des Landrats von Uri wünsche ich Ihnen ein schönes Fest und ich möchte mit Ihnen anzustossen auf das nachhaltige Wohl unserer prächtigen und einzigartigen Alpen.