17. März 2022

Die Alpen-Initiative begrüsst es, dass der Nationalrat den Bundesrat in die Pflicht nimmt. Zum NEAT-tauglichen Ausbau des linksrheinischen Nadelöhrs Wörth-Strasbourg soll dieser Verhandlungen mit Frankreich und Deutschland aufnehmen. Gegebenenfalls soll sich die Schweiz finanziell beteiligen. Weiter soll der Bundesrat Verkehre mit Verlagerungspotenzial gezielt mit Förderungsmassnahmen stärken. Zudem soll er in einem Bericht erörtern, wie Verlagerungshürden durch den vermehrten Einsatz kranbarer Sattelauflieger abgebaut werden können. Weil die Verlagerung nur in kleinen Schritten vorankommt, sind diese Massnahmen nötig.

Die Alpen-Initiative hat es anlässlich des Verlagerungsberichts 2021 im November deutlich moniert: Der Verlagerungspolitik fehlt die Dynamik. Zwar sind die heute kommunizierten Verlagerungszahlen für das Jahr 2021 ein kleiner Erfolg. Doch fahren mit 860’000 (vergleichbares, nicht coronatangiertes Jahr 2019: 898’000) noch immer deutlich mehr Lastwagen pro Jahr durch die Alpen, als die 650’000 gesetzlich erlaubten. Umso erfreulicher ist es nun, dass der Nationalrat heute drei Vorstössen der nationalrätlichen Verkehrskommission KVF-N für mehr Dynamik ohne Gegenstimme gutgeheissen hat. Die auf Druck der Alpen-Initiative vorgebrachten Vorstösse bieten Gegensteuer zu den viel zu laschen Massnahmen des Bundesrates. Aus Sicht der Alpen-Initiative sollte der Ständerat dem Nationalrat bei den Entscheiden folgen und der Bundesrat die neuen Aufträge nun rasch und entschlossen an die Hand nehmen, um dem Verlagerungsgesetz gerecht zu werden.

Kapazitäten erhöhen durch Ausbau Nadelöhr und NEAT-Zulaufstrecke Wörth-Strasbourg

Der Nationalrat will, dass der Bundesrat gemeinsam mit Frankreich und Deutschland Massnahmen trifft, um den Güterverkehrskorridor Rotterdam-Genua auch auf den Zulaufstrecken auf die NEAT-Kapazität anzupassen. Damit die Vorzüge der NEAT genutzt werden können, soll sich auch die Schweiz an den Kosten des Projekts beteiligen. So soll die 71 km lange linksrheinische Zulaufstrecke Wörth-Strasbourg dank Elektrifizierung und Ausbau auf das 4m-Korridorprofil bis 2030 NEAT-tauglich werden. Mit dieser Massnahme kann die frühestens 2042 vollständig ausgebaute rechtsrheinische Rheintalstrecke stark entlastet werden.

Technische Hindernisse mit kranbaren Sattelaufliegern beseitigen

80 Prozent der Sattelauflieger der alpenquerenden Lastwagen sind nach wie vor nicht kranbar und können deswegen bei den Terminals nicht auf die Schiene verladen werden. Der Nationalrat hat den Bundesrat nun beauftragt, Massnahmen zu prüfen, wie die Kranbarkeit von Sattelaufliegern gefördert respektive die nicht-kranbaren Sattelauflieger im alpenquerenden Strassentransitverkehr limitiert werden können.

Mit Massnahmenpaket die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene stärken

Der Nationalrat verlangt vom Bundesrat zudem einen Fördermassnahmenkatalog für die Kombination von Schienen- und Strassentransport. Wo der Marktanteil des Schienenverkehrs noch gering ist, sollen vorhandene Potenziale gezielt genutzt und Neuverkehre im kombinierten Verkehr extra gefördert werden. Der Auftrag verlangt ein umsetzungstaugliches Massnahmenpaket mit Hand und Fuss: Das Parlament will die für die Umsetzung notwendigen Rechtsanpassungen und Finanzbeschlüsse vorgelegt erhalten. Dazu gehören auch die Änderung des Güterverkehrsverlagerungsgesetzes und der erforderliche Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für die Förderung des begleiteten alpenquerenden kombinierten Verkehrs.

Hintergrund: Kleine Verbesserungen bei den Verlagerungszahlen 2021

860’000 Lastwagen haben laut heutiger Bekanntgabe des Bundesrates 2021 die Alpen überquert. Erlaubt wären lediglich 650’000. Das ist erfreulich, liessen doch die im ersten Halbjahr registrierten 457’000 Fahrten Schlimmeres vermuten. Damit ist klar, die 863’000 Fahrten 2020 gegenüber den 898’000 Fahrten im 2019 waren doch nicht nur ein Effekt der Corona-Pandemie. Trotzdem sinken die alpenquerenden Lastwagenfahrten zu langsam. Umso mehr begrüsst die Alpen-Initiative, dass die Verkehrskommission des Nationalrates den Bundesrat entschlossen in die Pflicht nehmen will. Trotzdem darf es nicht sein, dass der Bundesrat die Verantwortung für die Einhaltung des Verlagerungsgesetzes einfach auf das Parlament abwälzt. Der obersten Exekutive einer direkten Demokratie muss mehr an der gesetzestreuen Umsetzung des Verfassungsauftrags zur Güterverlagerung gelegen sein. Umso mehr, da dies auch die CO2-Senkungsziele der Schweiz positiv beeinflusst.