23. März 2021

Chiara Gisler – Porträt einer jungen, engagierten Frau, die für den Klima- und Alpenschutz kämpft

Ich weiss nicht genau, wann es passierte. Es gab keinen bestimmten Punkt oder Auslöser. Aber irgendwann begriff ich, dass sich etwas ändern muss. Dass ich mich ändern muss. Die gesamte Menschheit steuert direkt und ohne Chance auf Widerruf in eine klimatische Katastrophe hinein. In eine Katastrophe, in der es um das Überleben der Menschheit geht. Wir ignorieren oder leugnen das komplett.

Das kann nicht sein, dachte ich zuerst. Es gibt so viele klügere und ältere Menschen, die hätten das nie zugelassen, dachte mein damaliges Ich naiv. Falsch gedacht. Als ich das volle Ausmass der vor der Haustüre stehenden Bedrohung begriff, bekam ich Albträume und richtig, richtig Schiss. Die Wissenschaft sprach eine glasklare Sprache, publizierte seit Jahren immer gravierendere Zukunftsszenarien. Aufgrund kurzfristiger Wirtschafts- und Finanzinteressen wurden die Warnrufe überhört.

Aktueller Stand: «Wenn wir eine Chance von 66 % haben wollen, die Erhitzung unserer Atmosphäre unter 1,5° C zu halten (und damit quasi unser Überleben zu sichern), dann dürfen wir ab Ende 2017 gemäss Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) der Vereinten Nationen noch höchstens 420 Gigatonnen (Gt) CO₂-Äquivalente ausstossen. Da weltweit jedes Jahr etwa 42 Gigatonnen CO₂-Äquivalente emittiert werden, dürfte dieses Budget bei einem Business-as-usual-Szenario bereits in weniger als sieben Jahren aufgebraucht sein. Stand 2021. Voilà.

Nun was macht man nach solch einer Erkenntnis? Den Schock verdauen, erstarren vor Angst und danach mit panischer Angst, Wut und Verzweiflung an aufkommende Klimademonstrationen gehen und versuchen (bisher weitgehend ohne Erfolg) Druck auf die institutionelle Politik auszuüben. Sich engagieren. Lösungen suchen. Mit Menschen darüber sprechen. Versuchen, nicht aufzugeben und den Mut nicht zu verlieren. Das zumindest war mein Weg. Klimaschutz kann nicht schnell genug gehen. Aber es muss definitiv schneller vorangehen als jetzt gerade.

Das CO₂-Gesetz ist völlig unzureichend, da hoffentlich mehrheitsfähig, aber eben auch notwendig als ersten Schritt in eine Richtung der Anerkennung unserer Probleme. Es wird für Diskussionen in der Bevölkerung und dabei gleichzeitig zu einer Sensibilisierung führen. Was wiederum hoffentlich zu verstärkten Massnahmen und einem Ausstieg aus dem Ökozid führen wird. Es ist eine Grundlage, auf der wir aufbauen können und mehr fordern wollen. Wir müssen den Klimaschutz radikal ausbauen.

Die Alpen als hochalpines Ökosystem liegen mir sehr am Herzen, da ich darin aufgewachsen bin. Ich habe zugegeben auch egoistische Gründe für Umweltschutz, weil ich keine Lust habe, dass mir der Himmel oder der Altdorfer Hausberg «Gitschen» eines schönen Tages auf den Kopf donnert, weil kein Permafrost ihn mehr zusammenhält. Ich möchte aber auch noch einige Murmeli und Gämsen sehen, wilde Heidelbeeren beim sicheren Wandern essen, Skifahren praktisch vor der Haustüre und mich im Sommer in kühle Alpenluft flüchten können.

Und vor allem wünsche ich mir Sicherheit für alle Alpenbewohner jetzt und in Zukunft.