15. Februar 2024

Der Bundesrat hat seine Pläne für eine Weiterentwicklung der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) in die Vernehmlassung geschickt. Die LSVA ist das wichtigste Instrument der Güterverlagerung auf die Schiene. Der Vorschlag des Bundesrates beinhaltet zwar wichtige Updates von überholten Regelungen, allerdings verpasst er es, die LSVA für die Herausforderungen im Güterverkehr fit zu machen. Die Alpen-Initiative wird sich vertieft mit der Vorlage beschäftigen, sich mit einer Stellungnahme einbringen und den parlamentarischen Prozess dazu eng begleiten.

Die Zahlen der alpenquerenden Lastwagen für 2021 und 2022 zeigen in die falsche Richtung: Die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs geht nach langen Jahren der kleinen Fortschritte in die falsche Richtung. Seit 2020 ist die Zahl der Lastwagenfahrten durch die Alpen um +7.5% gestiegen, auf ganze 927’000 im Jahr 2022. Damit wird die eindrückliche Erfolgsgeschichte der Verlagerungspolitik nicht weitergeschrieben und das gesetzliche Verlagerungsziel von maximal 650’000 Lastwagenfahrten durch die Alpen überschritten, um satte 277’000. Die LSVA ist das wichtigste Instrument, um den steigenden Lastwagenfahren entgegenzuwirken. Mit einer ambitionierten LSVA-Revision könnte die Verlagerungswirkung der LSVA deutlich gestärkt werden. Gemäss einer ersten Beurteilung vermisst die Alpen-Initiative in der bundesrätlichen Vorlage jedoch wichtige Punkte: Es fehlt eine deutliche Erhöhung der LSVA, eine automatische Koppelung an die Teuerung und die Ausdehnung auf Lieferwagen mit 2,5-3,5 Tonnen Gewicht.

Die Alpen-Initiative begrüsst, dass auch elektrisch angetriebene Lastwagen künftig LSVA-pflichtig sind. Denn auch diese verursachen – wenn auch weniger – negative externe Effekte, wie Lärm, Ressourcen- und Boden-Verbrauch, Unfälle, Stau. Zudem bremst die aktuell vollständige LSVA-Befreiung dieser Fahrzeuge auch die Verlagerungswirkung der LSVA aus. Positiv findet die Alpen-Initiative zudem, dass der Bundesrat den momentanen Deckungsgrad der externen Kosten mit der LSVA als «unbefriedigend» einstuft und den Missstand gesetzlich angehen will. Allerdings verpasst es die geplante Revision des Bundesrates die LSVA fit für eine umweltfreundlicheren und klimaneutralen Güterverkehr in der Schweiz zu machen. Dafür bräuchte es folgende Massnahmen bzw. Anforderungen an eine zeitgemässe und verlagerungswirksame LSVA:

  • Kurzfristig braucht es eine deutliche Erhöhung der LSVA-Sätze. Es braucht eine Annäherung an die LSVA-Obergrenzen gemäss dem Landverkehrsabkommens der Schweiz mit der EU (LVA), um die Verlagerungswirkung der LSVA zu erhöhen. Die maximalen Kosten für die Fahrt Basel-Chiasso von 325 CHF (für den Flottendurchschnitt) müssen zeitnah ausgeschöpft werden. Alle möglichen Instrumente wie Abklassierungen der Euro VI, Erhöhungen der Abgabengebühr pro tkm, Anpassung der Gebühren an Inflation müssen geprüft und entsprechend angegangen werden. Die Alpen-Initiative begrüsst, dass der Bundesrat neu im Gesetz verankert, dass die Kosten zulasten der Allgemeinheit möglichst gedeckt sind. Allerdings muss dies nicht nur um Gesetz festgehalten werden, sondern vor allem auch bei der konkreten Ausgestaltung der LSVA, bspw. in der Verordnung, berücksichtig werden. Die Alpen-Initiative wird dies weiterhin genau beobachten.
  • Mittelfristig muss Kostenwahrheit angestrebt werden: Das Landverkehrsabkommen (LVA) mit der EU muss dahingehend angepasst werden, dass die LSVA die effektiven Externalitäten abbilden kann (Kostenwahrheit). Lastwagenfahrten sind in der Schweiz mit der LSVA bzgl. der Externalitäten viel zu tief bepreist. Studien des Bundes zeigen, dass gerade mal etwa ein Drittel der externen Kosten getragen werden. Das LVA muss dahingehend angepasst werden, dass deutlich höhere LSVA-Ansätze möglich und auch angewendet werden. Mit der Revision der EU-Wegekostenrichtlinie wurden die Möglichkeiten zur Anrechnung der externen Kosten auch in der EU erhöht. Am Brenner oder in Frankreich kostet der Kilometer heute schon deutlich mehr als in der Schweiz.
  • Ausdehnung der LSVA-Pflicht auch für Lieferwagen von 2,5 – 3,5 t (zumindest im Transport-Gewerbe). Auch diese Güterfahrzeuge verursachen externe Kosten und sollen für ebendiese verursachergerecht aufkommen. Die Alpen-Initiative fordert die Einführung einer Abgabe basierend auf den externen Kosten des Lieferwagenverkehrs.
  • Automatische Anpassung der LSVA an die Teuerung. Leider wird die LSVA real immer billiger, da es die Regierung immer wieder versäumt die LSVA-Ansätze der Teuerung anzupassen, und die Anpassungen jeweils deutlich zu spät umgesetzt werden. Künftig soll die LSVA fix an den Inflationsindex der Schweiz geknüpft werden.